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Private Homepage von Ulrich Andrees |
Ulrich Andrees dankt Herrn
Lüders (Bürgermeister der Stadt Zossen a.D.) und seinen
Unterstützern für die Durchführung der namentlichen
Würdigung.
Onkel Alfred (Text 1998, Ergänzungen kursiv)
Onkel
Alfred (1906 - 1984) war ein Bruder meiner Großmutter mütterlicherseits und
gelernter Buchdrucker. Er hatte zweifellos ein gutes Herz. Als Kommunist saß er
vor dem Krieg einige Zeit im Konzentrationslager Oranienburg/Sachsenhausen. Er
änderte seine Weltanschauung im Krieg und danach nicht mehr, verhielt sich aber
so, daß er überleben konnte. Zwischen ihm und meiner Mutter bestand aus den
gemeinsam in Zossen verbrachten Vorkriegsjahren eine enge Bindung, der
weltanschauliche Unterschiede nichts anhaben konnten. Später war er für den
Schriftstellerverband der DDR tätig. Bereits in den 70-iger Jahren war sein
Leben durch ein Leiden so stark beeinträchtigt, daß er nicht mehr arbeitsfähig
war.
Wir sahen
uns bis zu seinem Tode mehrmals im Jahr und sprachen natürlich immer über
Politik. Er war der politische Gegenpol zum Elternhaus. In jener Zeit gipfelte
der Disput in meiner These: "Der Westen sei zwar kapitalistisch und böse
aber offensichtlich selbst für die kleinen Leute erträglicher als der vom guten
wollen geleitete Osten.". Wir ließen einander kaum eine Chance. Uns
standen die Tränen in den Augen. Die Situation war schizophren. Wir konnten das
fehlende Glied nicht finden.Es war die Diagnose der Krankheit, die später in
mir ausbrechen sollte.
Ich glaube
es hat ihn verletzt, das ich 1978 in seine Partei, die SED, eintrat ohne ihn
gefragt zu haben, ob er zu diesem Zweck für mich bürgen würde. Eine
entsprechende Erwärung hatte ich verworfen. Es wäre unaufrichtig gewesen. Ich
hätte nicht daruf aufbauen können, den redlichen Glauben eines wackeren Mannes
so direkt zu hintergehen. Während meiner Studienzeit erhielt ich eine
regelmäßige Unterstützung von meinem Onkel Alfred und seiner Frau.
Seine Ehe blieb kinderlos. Seine Frau pflegte ihn aufopferungsvoll und verstarb 2006.
Parteieintritt SED (1978) (Text 1998, Ergänzungen kursiv)
Es war für
mich eine schwere Entscheidung. Meine Eltern meinten, ich könnte mir meinen Weg
erleichtern. Leichter wurde er nicht; aber anders.
Die für
mich ausschlaggebende Person war mein Klassenleherer, dessen Vorname auch
Alfred war und der für mich eine der zwei erforderlichen Bürgschaften leistete.
So wie er die Dinge darstellte und händelte, ja so konnte ich das wohl auch.
Halt immer auch mit etwas Abstand zu dem, was man tat.
Ich hatte
mit ihm eine Konfliktsituation zu bestehen. Wegen einer Disziplinlosigkeit
einzelner Kameraden, ließ er die ganze Klasse vielleicht eine halbe Stunde
nachsitzen. In dieser halben Stunde fuhren für die Hälfte der Schüler der
Klasse und auch für mich die Busse des Arbeiterberufsverkehres fort. Wir würden
2 Stunden herumsitzen, Stunden, die uns ja auch zum lernen fehlen würden,
während der andere Teil der Klasse in's Lehrlingswohnheim trabte und eigentlich
nicht viel verpaßt hatte. Ich stellte ihn mit dieser Argumentation zur Rede;
derartiges kam nicht mehr vor. Er wurde ein Freund. Einige Kameraden wurden
Zeugen der kurzen Auseinandersetzung. Es hat mir nicht geschadet.
Die
zweite, unproblematische Bürgschaft leistete ein Lehrmeister.
Eine
letzte Voraussetzung bestand darin, den eigenen formalen Lebenslauf von einer
geeigneten Person bestätigen zu lassen. Hier mußte Onkel (Mieter) ran. Ich
erklärte ihm ruhig und sachlich meine Position und die meiner Eltern. Er hatte
keien Einwand, keine Frage, keine Mahnung. Er tat worum ich gebeten hatte. Und
es war auch ein Vertrag. Wir konnten füreinander offen bleiben.
Wo war
Gott? Das Gebet lautete so: "Alter wenn die Fragen, ob ich aus der Kirche
austrete sage ich nein und werde gegebenenfalls Pfarrer.". Die haben nicht
gefragt.
Zu dem
Thema gab es auch ein Gespräch mit ein paar Kameraden aus meiner und der
Parallelklasse. Nachdem ich die meisten meiner Unsicherheiten, Vorbehalte und
Bedenken dargestellt hatte, gipfelte das Mißtrauen der Kameraden in der Frage:
"Warum ich eigentlich eingetreten sei?". Ich antwortete: "Das
ich glauben würde, daß Herr Honecker und Co., gleich was sonst passieren würde,
unbedingt Frieden halten würde, was doch wohl der Unterstützung Wert wäre.
Alles andere müßte man später konktet sehen und entscheiden.". Ich bin
heute dankbar dafür, das ich mich in diesem Punkt, in meinen Genossen nicht
getäuscht habe.
Meine
Parteikarriere war unspektakulär.
Natürlich hat man sich auch bei mir erkundigt. Ich habe gesagt, daß ich ein offener Mensch sei und bleiben wollte. Wenn jemand kommt und zu gleich welchem Thema meine Meinung wissen wollte, so würde er sie erfahren können. Ich wäre der Meinung, daß man auch in der DDR nicht gleich jeden einsperren würde der auf Nachfrage seine Meinung ehrlich wiedergibt, ansonsten aber bereit wäre gutwillig zu arbeiten. Im übrigen würde ich nicht gedenken mich mit einem Schild um den Hals auf den Alexanderplatz zu stellen. Das habe ich zwei, dreimal so erzählt, so gehandelt und keine Probleme gehabt.
Alfred Schulz (1906 - 1984) ) |
Matrin und Alfred Schulz |