Ulrich Andrees vor dem Hamburg-Museum |
Dirk H. und Ulrich Andrees an einer Bar in St. Pauli |
Magnus (Bikerrepräsentant des Jahres) beim Eierpunsch auf dem DOM |
Die Gang |
Michael war
das Sakrament der Taufe auf Wunsch einer Großmutter noch in der
Entbindungsklinik zu Teil geworden. Der Zustand einer schwachen Mutter drängte
zur Eile. Einen Zugang zum Glauben konnte er nicht finden. Ich hatte seinerzeit mit Lesungen im Alten Testament begommen. Auf der
Studentenstube trug Michael einige Verse daraus bühnenreif vor.
Gelesen hatte er auch diese wenigen Zeilen nicht.
Zwischen
uns lief es, wie es immer läuft, wenn es gut läuft. Anfangs konnten wir uns
nicht ausstehen, zum Schluß waren wir die besten Freunde. Ich kann und will
hier nicht alles aufzählen, von dem, wovon ich heute noch zehre. Wir konnten
einander verstehen und gegenseitig unsere Isoliertheit durchbrechen. Wenn die
Freundschaft junger Männer auch Liebe sein darf; ja, geistig eben, damals. (Comming out erst 2000). Wir träumten
voraus, was heute Realität ist, ein wiedervereinigtes Deutschland und mehr.
Einmal fragte er: " Gehst du auch manchmal, um zu schauen, wo man mal die
Tafeln anbringen könnte, die an dich erinnern würden? - Ja.". Wir wollten
uns einsätzen und in Erinnerung bleiben.
Die
Teilnahme an Motorradtreffen in Böhmen in den Jahren 1983 und 1984, bei denen
es Kontakte zu westdeutschen Motorradfahrern gab, führten unser Denken
wesentlich voran. Die entsprechenden Kontakte hatte Michael hergestellt.
Nach dem Studium stieg er im Kraftverkehrskombinat in Suhl schnell zum Direktor für Instandhaltung auf. In gleichem Maße wuchsen auch seine Probleme. Er wurde Mitglied der SED. Irgendjemand und ich hatten für ihn gebürgt. Im Oktober 1984 war er letzmalig bei mir zu Besuch. Er kam zu mir und zu meinen Eltern, um seine Situation zu überprüfen. Er kannte auch meine Eltern von zwei, drei vorangegangenen Zusammentraffen. Seine Probleme hatten sich überschnitten; allgemein politisch, beruflich und privat. Er äußerte, noch etwas Zeit zu haben, doch wenn sich die Dinge nicht regeln ließen, würde er sich das Leben nehmen. Da trat Stille ein im Wohnzimmer meiner elterlichen Familie. Es folgten beliebige Beschwichtigungen. Im Januar 1985 war er zu Tode gekommen auf die Art und Weise, die er angekündigt hatte. Alle waren entsetzt und betroffen.
Für mich war sein Tod der Ausgangspunkt, der im August 1985 bei mir zum offenen Ausbruch von Schizophrenie (Bewußtseinsspaltung, gespaltenes Denken, Krankheit der Könige) führte. Es war die Überschneidung aus dem ungeliebten, aufgezwungenen Arbeitsprozeß und dem Verlußt des Freundes. Ich war verbittert darüber, daß seine Umgebung in Betrieb und Familie nicht ausreichend auf ihn geachtet hatten. Konnten die nicht aufpassen?Am eigenen
Arbeitsplatz hatte ich mir als Ziele nur zwei Alternativen gelassen. Entweder
würde ich die von mir ausgearbeiteten Arbeitsorganisation durchsetzen oder ein
vollständiges Scheitern dieser Pläne herbeiführen. Das Scheitern trat ein. Es
ging einher mit einer Einvernahme durch die Staatssicherheit. Dabei wurden drei
heute noch interessante Aussagen von mir getroffen:
1. Zur
Konsolidierung der DDR hätte man vielleicht noch 5 Jahre Zeit.
2. Die
zwischen der UdSSR (Gorbatschow war schon im Amt) und den USA betriebene
Politik zur Verminderung der
bestehenden Spannungen sei tiefgreifender,
als dies an der Oberfläche der Verlautbarungen zu erkennen sei und
sie verlaufe
auch
konspirativ.
3. Man
sollte anfangen, sich in das von Präsident Ronald Raegen am Ende einer jeden
Rede gesprochene Gebet:
"God bless
America, God bless you all." mit einzubeziehen.
* * *
* * *
* * *
* * *
* * * *